Bei Fabrikprojekten steigen mit dem Fortschritt der Projektphasen die Qualitätsanforderungen an Daten und Fakten. Auf welchen Genauigkeiten basieren die Ziele, Anforderungen und Ergebnisse der jeweiligen Projektphasen?
Veränderungen von Fabriken und Produktionsstätten sind komplexe und individuelle Projekte. Wir unterscheiden zwar verschiedene Arten von Fabrikprojekten verwenden aber immer dieselbe Projektstruktur. Sie besteht aus 5 Phasen. Mit den Phasen steigen auch die Anforderungen an die Faktengenauigkeit. Auf welchen Genauigkeiten basieren die Ziele, Anforderungen und Ergebnisse der jeweiligen Projektphasen?
# 1 Ideenphase
Die Idee zu einem Projekt beschreibt meist den Impuls, eine vage Vorstellung der Lösungsansätze und eine ungefähre Vorstellung der Projektziele. Zahlen, Daten und Fakten werden meist nicht quantifiziert, sondern qualitativ benannt – siehe auch untere Übersichten Faktengenauigkeit. Quantitative Zahlen implizieren leicht eine Detailgenauigkeit, die zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden ist und möglicherweise das Projektteam bei der Kreativität eher limitiert.
# 2 Konzeptphase
Das fertige Konzept zeigt das Bild der vorausgedachten Zukunft der Fabrik oder Produktionseinheit. So individuell wie jedes Unternehmen tickt, so individuell gestalten sich auch die Konzepte. Im Artikel „11 wesentliche Elemente und Gründe für ein cleveres Konzept“ werden die Elemente eines Konzeptes detailliert erläutert.
Erfahrungsgemäß beschreibt ein Konzept 80% der Life-Cycle-Kosten einer Produktionseinheit. Auf Basis des Konzeptes wird das weitere Vorgehen im Projekt zumindest vorentschieden.
Nach der Übersicht Faktengenauigkeit werden mit einem überschaubaren Aufwand und grob definierten, aber messbaren Zielen Lösungsoptionen generiert und bewertet. Beschrieben werden sie anhand von Blocklayouts, wesentlichen Anforderungen und Spezifikationen und groben Flächenallokationen. Die Kostentoleranzen korrelieren mit der Genauigkeiten der Eingangsgrößen. Sie reichen aber aus unserer Sicht aus, um Chancen, Risiken und Nutzen bewerten zu können. So können nach dieser Phase Lösungsoptionen aussortiert oder favorisiert werden. Das Projekt kann für die folgende Planungsphase freigegeben oder gegebenenfalls auch gestoppt werden. Nicht jede Idee muss wirtschaftlich Sinn machen. Aber auch das Wissen darüber ist ein Wert an sich. Ein Meilensteinplan auf Monatsbasis und eine Beschreibung der Funktionen einer geeigneten Projektorganisation vervollständigen ein gutes Konzept.
Die Qualität der Daten und Fakten sollten jedoch auch den Erwartungen der Entscheider entsprechen. Meist hat das unternehmensinterne Controlling entsprechende Vorgaben. Bestandteil eines guten Konzeptes ist daher immer auch die Beschreibung der Genauigkeit der Eingangsdaten und der Ergebnisse. Liegen bereits umfangreiche und vergleichbare Kennzahlen und Erfahrungen vor, können die Toleranzen nach der Übersicht Faktengenauigkeit auch kleiner sein. Aber sind dafür aufwendige Prozesssimulationen in der Konzeptphase wirklich sinnvoll?
Neben den Toleranzen der Zahlen und Fakten ist es ebenso entscheidend, dass auch alle wichtigen Zusammenhänge und Umfänge erfasst werden. Denn was nützen einem die Investitionen und Kosten für Gebäude, Einrichtungen, Umzug und Personalbeschaffung, wenn bei einem Verlagerungsprojekt die Kosten zum Know-How-Transfer vergessen oder völlig unterschätzt wurden? Reisekosten, Löhne und Übersetzungskosten für die gemeinsame Trainingszeiten von neuem und ausscheidendem Personal können sich summieren.

# 4 Realisierungsphase
Die letzte Steigerung der Qualität von Daten und Fakten erfolgt in der Realisierungsphase. Aufträge werden oder sind bereits verhandelt. Das Projektmanagement vergleicht kontinuierlich die Ist-Werte mit den Soll-Werten bezüglich aller Maßnahmenbeschreibungen wie Spezifikationen, Zeichnungen, Berechnungen, Zeitpläne und Kosten. Das Projektmanagement steuert gegen negative Abweichungen und realisiert positive Abweichungen. Auftretende Fehler werden korrigiert. Änderungen werden eingesteuert. Änderungen, egal aus welchen Gründen, haben meistens Auswirkungen auf Kosten und Termine. Ein gut dokumentiertes Änderungsmanagement betrifft daher auch Spezifikationen und Zeichnungen und ist wichtig zur Argumentation von Abweichungen der Ergebnisse und fairen Diskussionen in Lenkungsausschüssen.
Aus Angebote werden Bestellungen, Abrechnungen, Teilzahlungen und Schlusszahlungen. Diese Positionen werden in den Kosten und Investitionsaufstellungen wieder 1:1 ausgetauscht. „Sicherheit/Continguency“ um das entsprechende Volumen reduziert. Gegen Ende bleibt ein überschaubarer Bodensatz an offenen Rechnungen, Reklamationen und Gewährleistungsansprüche und „Sicherheit/Continguency“ …. und Berge von Technischen Dokumentationen.
# 5 Konsolidierungsphase
Nach einer hoffentlich erfolgreichen Realisierung des Projektes darf die Konsolidierungsphase nicht vernachlässigt werden. Verschiedene Leistungen müssen noch abgerechnet und Reklamation und Gewährleistungsansprüche abgearbeitet werden.
Dies ist auch meist die letzte Chance alle wesentlichen Zahlen, Daten, Fakten und die Technische Dokumentation auf den finalen Stand zu bringen und in das Unternehmen zu tragen. Später macht es keiner mehr. Später tauchen auch immer wieder Fragen auf, die ansonsten mühevoll recherchiert werden müssen: Wie viele Quadratmeter hatten wir realisiert? Was hatte dies und jenes gekostet? Wie lange hatte jene Maßnahme damals gedauert? Wer war damals beteiligt?
In einem Abschlussbericht werden die wesentlichen Ergebnisse und Ereignisse dokumentiert und im Unternehmen präsentiert. Das Projekt wird beendet, die Arbeit der Projektorganisation gewürdigt und die Projektorganisation aufgelöst – ein nicht zu unterschätzende Motivationsfaktor für weitere Projekte im Unternehmen … und die kommen bestimmt.

Übersicht Faktengenauigkeit 1: Erfahrungen zu Anforderungen über die Projektphasen

Übersicht Faktengenauigkeit 2: Erfahrungen zu Ergebnissen über die Projektphasen
Fazit:
Veränderungsprojekte in Produktionsstätten und Fabriken sind komplex und individuell. Unterschiedlich gestalten sich auch die 5 Projektphasen Ideen, Konzepte, Planung, Realisierung und Konsolidierung und die Genauigkeiten der Daten und Fakten von Zielen, Anforderungen und Ergebnissen. Besonderes im Focus steht die Konzeptphase. Mit einem guten Konzept werden 80% der künftigen Life-Cycle-Kosten bestimmt. Die fortzuführenden Lösungsoptionen werden mit einer Kostengenauigkeit von erfahrungsgemäß +/- 25% entschieden. Der Aufwand dafür soll jedoch überschaubar sein. Unnötige Schleifen werden vermieden und Ressourcen geschont, wenn
– die Bearbeitung des Projektes vom Groben ins Feine erfolgt,
– Entscheidungen auf Basis definierter und akzeptierter Genauigkeiten getroffen werden,
– Daten und Fakten nicht exakt, aber richtig sind und
– Zahlen und Termine realistisch berichtet und fair diskutiert werden.
Gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt.